Der Gründungsrektor der PH Luzern blickt zurück. Hans-Rudolf Schärer beschreibt im dreiteiligen Interview unter anderem, welche politischen Umstände bei der Entstehung der Hochschule überwunden werden mussten, wie finanzielle Schwierigkeiten gemeistert werden konnten und wie sich die Lehrerinnen- und Lehrerbildung in den vergangenen 20 Jahren entwickelte.
Teil III
Wer auf 20 Jahre PH Luzern zurückblickt, kommt um die Corona-Pandemie nicht herum…
Hans-Rudolf Schärer: Davon war ich nur zu Beginn tangiert. Wir installierten gleich am Anfang des Jahres 2020 eine Task Force, aber in dieser wurde die Hauptarbeit nicht von mir geleistet, sondern von Kathrin Krammer als damaliger Prorektorin des Leistungsbereichs Ausbildung, vom Verwaltungsdirektor Adrian Kuoni und vom Kommunikationsverantwortlichen Marco von Ah. Ich denke auch an alle Kolleginnen und Kollegen, die innert kürzester Zeit dafür sorgten, dass Aus- und Weiterbildungsangebote online verfügbar waren. Der Aufwand war enorm, wir meisterten ihn als Team aber gut.
Wenige Jahre vor deiner Pensionierung gab es auch finanzielle Probleme zu meistern. Wie hast du unter diesem Aspekt die Zeit von 2017-2019 erlebt?
Schärer: In der Tat war die Finanzierung der PH Luzern insbesondere im Jahr 2019 schwierig, weil der Regierungsrat die Kantonsbeiträge trotz ständig wachsender Studierendenzahl sukzessive zurückgefahren hatte, obwohl wir zuvor schon von allen 16 Schweizer PH jene mit den deutlich niedrigsten Pro-Kopf-Kosten waren. Das führte in der Jahresrechnung zu einem negativen Eigenkapital. Aber auch damals erreichten wir durch gute Zusammenarbeit viel. Wir machten zum richtigen Zeitpunkt öffentlich darauf aufmerksam, dass die Qualität der Lehrpersonenbildung an der PH Luzern zwar nicht nachhaltig beschädigt, aber spürbar tangiert sei (was zu einem Kommentar in der «Luzerner Zeitung» unter dem Titel «Qualität hat ihren Preis» führte). Der damalige Finanzdirektor Reto Wyss vermochte dann aufgrund unserer Argumentation in der Regierung eine Verbesserung der Situation zu erwirken.
Wie hast du die Auflösung des Konkordats in Erinnerung?
Schärer: Wir haben diese Auflösung nicht wirklich befürwortet. Wir bevorzugten eine regional getragene PH mit einem Hauptstandort in Luzern und Nebenstandorten in Schwyz und Zug. Aber das fand keine Zustimmung. Die Kündigung erfolgte von Luzern aus, was zu manchen schwierigen Situationen im personellen und konzeptionellen Bereich führte. Aber es ergaben sich auch, allen politischen Turbulenzen zum Trotz, wiederum gute, vertrauensvolle Kooperationen, namentlich mit Silvio Herzog, dem Rektor der PH Schwyz, und Brigit Eriksson, der Rektorin der PH Zug und interimistischen Direktorin der PHZ.
Wie hat sich in diesen 20 Jahren des Bestehens der PH Luzern der Lehrberuf entwickelt?
Schärer: Es steht ausser Zweifel – der Lehrberuf ist aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklungen (technologische Revolution, soziokulturelle Unterschiede, Wertepluralismus usw.) noch anspruchsvoller geworden. Die Institution Schule hat – wie andere gesellschaftliche Grossinstitutionen auch (Kirche, Armee) – an Macht und Selbstverständlichkeit eingebüsst. Das schlägt direkt auf die Ansprüche an die einzelnen Lehrpersonen durch. Etwas überspitzt gesagt: Sie müssen heutzutage alles, was sie machen (und häufig auch das, was sie nicht machen) begründen können – den Behörden gegenüber, den Eltern gegenüber, den Kolleginnen und Kollegen gegenüber und nicht zuletzt auch den Schülerinnen und Schülern gegenüber. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass die PH’s, verbunden mit der Lehre, auch Forschung und Entwicklung betreiben und dass die Studierenden in der Ausbildung auch mit Forschung und Entwicklung befasst sind. So lernen sie den künftigen Schulpartnern gegenüber faktenbasiert und auf Augenhöhe mit aktuellen Forschungsergebnissen zu argumentieren.
Wie sieht dein Lehrpersonenbild aus?
Schärer: Beat Bucher hat vor Jahren einmal für die EDK ein vierfaches Lehrerinnen- und Lehrerbild gezeichnet: Eine Lehrperson sei gleichzeitig Ingenieur, Künstler, Citoyen und Projektgestalter. Mir gefällt diese Definition. Sie macht – als Idealbild – nochmals deutlich, wie anspruchsvoll das Lehrerinnen- und Lehrersein heutzutage ist. Lehrerinnen und Lehrer beherrschen die Technik des Schulegebens, sind kreativ und originell, engagieren sich für die Werte der Gemeinschaft und arbeiten teamorientiert, experimentell und zielbezogen. Das Mischungsverhältnis der vier Dimensionen dürfte je nach Umständen und Persönlichkeit unterschiedlich sein – gemeinsam ist ihnen allen aber der Wille, Verantwortung zu übernehmen für das Wohlergehen der ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen.